Resilienz aufbauen
Manche Menschen scheinen Krisen besser zu überstehen als andere. Sie biegen sich, aber sie brechen nicht. Diese Fähigkeit nennt man Resilienz, und sie ist trainierbar.
Der Begriff Resilienz stammt ursprünglich aus der Materialwissenschaft. Er beschreibt die Fähigkeit eines Materials, nach Verformung in seine ursprüngliche Form zurückzukehren. In der Psychologie bezeichnet er die Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen ohne dauerhafte Beeinträchtigung zu überstehen. Nicht unversehrt, aber auch nicht zerbrochen.
Lange Zeit ging man davon aus, Resilienz sei eine angeborene Eigenschaft. Man hat sie oder man hat sie nicht. Die Forschung der letzten Jahrzehnte hat dieses Bild korrigiert. Resilienz ist weniger eine feste Eigenschaft als ein dynamischer Prozess. Sie entsteht im Zusammenspiel von Person und Umwelt, und sie kann sich im Laufe des Lebens verändern.
Resilienz entsteht aus dem Zusammenspiel innerer und äusserer Schutzfaktoren
Was resiliente Menschen auszeichnet
Die Forschung hat verschiedene Faktoren identifiziert, die mit Resilienz zusammenhängen. Einer der wichtigsten ist Selbstwirksamkeit: das Vertrauen, schwierige Situationen durch eigenes Handeln bewältigen zu können. Menschen mit hoher Selbstwirksamkeit sehen Probleme als Herausforderungen, nicht als unüberwindbare Hindernisse. Sie haben gelernt, dass ihr Handeln einen Unterschied macht.
Ein weiterer wichtiger Faktor sind soziale Beziehungen. Menschen mit einem stabilen sozialen Netz überstehen Krisen besser. Nicht weil andere ihre Probleme lösen, sondern weil Verbundenheit ein grundlegendes menschliches Bedürfnis erfüllt. Wer sich getragen fühlt, kann mehr aushalten. Studien der Universität Zürich zeigen, dass Einsamkeit einer der grössten Risikofaktoren für psychische und körperliche Erkrankungen ist.
Resilienz entwickeln
Wenn Resilienz kein festes Persönlichkeitsmerkmal ist, dann lässt sie sich auch entwickeln. Das geschieht nicht durch Willenskraft oder positive Affirmationen. Es geschieht durch Erfahrung. Durch das wiederholte Erleben, dass man Schwierigkeiten überstehen kann. Dass es weitergeht, auch wenn es sich unmöglich anfühlt.
Paradoxerweise braucht es dafür auch Krisen. Wer nie gefordert wird, kann keine Widerstandskraft entwickeln. Der entscheidende Punkt ist, dass die Herausforderungen bewältigbar bleiben. Überforderung baut keine Resilienz auf, sie erschöpft. Auch Pro Mente Sana betont: Es geht um das richtige Mass an Herausforderung, verbunden mit ausreichend Unterstützung und Erholung.
Die Rolle des Nervensystems
Auf körperlicher Ebene zeigt sich Resilienz in der Fähigkeit des Nervensystems, nach Belastung wieder in einen Ruhezustand zurückzukehren. Bei Menschen mit hoher Resilienz funktioniert diese Regulation gut. Stress wird aktiviert, wenn er gebraucht wird, und wieder abgebaut, wenn die Gefahr vorbei ist. Bei geringer Resilienz bleibt das System oft in einem chronischen Alarmzustand hängen.
Diese Regulationsfähigkeit lässt sich trainieren. Durch regelmässige Entspannungsübungen, durch körperliche Bewegung, durch ausreichend Schlaf. Und manchmal durch therapeutische Unterstützung, die hilft, festgefahrene Muster zu lösen. Körperorientierte Verfahren können dabei besonders wirksam sein, weil sie direkt am Nervensystem ansetzen, dort wo die Resilienz verankert ist.
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